"Gesund" essen...

Wer mich kennt, weiß, dass ich immer zu sagen pflege: "Balance is the key" oder "Alles in Maßen ist gesund". Heutzutage wird viel zu oft ein bestimmtes Lebensmittel, wenn nicht sogar ganze Lebensmittelgruppen oder einzelne Makronährstoffe, verteufelt und als ungesund abgestempelt. Wenn man auf alle Lebensmittel verzichten würde, die jemals als "ungesund" bezeichnet wurden, könnte man wahrscheinlich nur noch klares, reines Mineralwasser trinken.

Fakt ist: so gut wie jedes Lebensmittel hat seine guten, aber auch seine schlechten Seiten. Spinat ist vollgepackt mit Mineralstoffen, aber enthält auch einen Stoff, der die Aufnahme von Kalzium hemmt. Donuts schmecken extrem gut und sind gut für zwischendurch als Snack, aber sind meist vollgestopft mit Chemie. Quark hat viel Eiweiß, wirkt dafür aber auch sauer auf den Körper. Das könnte man immer so weiter spinnen und es lassen sich auch immer wieder neue Argumente, Fakten und Studien zu den verschiedensten Lebensmitteln finden. Klar, dass da kaum einer den Überblick behält und man nicht weiß, was man überhaupt noch essen kann.

Was also tun? Auf wen soll man hören? Was darf man noch zu sich nehmen?

Ich bin ganz klar der Meinung, dass alles in Maßen vollkommen in Ordnung ist. Ein einziger Cheeseburger wird einen nicht Krebs geben. Ein einziger Cookie wird einen nicht dick machen. Und genauso wird man von einem Salat nicht gleich fit und super schlank werden. Worauf es ankommt ist, was man über einen längeren Zeitraum zu sich nimmt. Geht man täglich bei McDonald's essen, kann sich das schon mal negativ auf die Gesundheit auswirken. Aber von einem Mal Pommes essen wird man nicht seine ganze Gesundheit ruinieren. Die Menge macht's!

Darüber hinaus sollte man immer vorsichtig sein, was Studien zu bestimmten Lebensmitteln angeht. Es gibt Millionen Lebensmittelstudien, die alle was anderes behaupten, wenn nicht sogar alle total gegenteilig sind. Welchen Studien und Aussagen man da vertraut, ist einem selbst überlassen. Und ob sie überhaupt auch auf den Menschen übertragbar sind, ist nochmal eine ganz andere Sache: öfters werden an Tieren, vor allem an Mäusen, bestimmte Lebensmittel oder Stoffe getestet, und die Ergebnisse überträgt man dann auch auf den Menschen. Doch eigentlich, so aus meiner Sicht, kann man Mäuse nicht unbedingt mit Menschen vergleichen. Was einer Maus guttut, kann für uns Menschen schädlich sein. Zudem werden bei solchen Versuchen den Tieren oft abnormale Mengen eines bestimmten Stoffes verabreicht, welche ein normaler Mensch im echten Leben gar nicht zu sich nehmen würde, und taugen daher zum Vergleich eigentlich gar nicht. Eine weitere Sache ist dann noch der Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität. Korrelation bedeutet, dass bestimmte Merkmale oder Ergebnisse zusammenhängen; Kausalität hingegen, dass eine Ursache eine bestimmte Wirkung erzielt. Heißt, wenn ein Lebensmittel mit z.B. Akne in Zusammenhang gebracht wird, ist das noch lange keine eindeutige Aussage darüber, ob es auch wirklich dieses Lebensmittel ist, das die Akne auslöst, oder ob Menschen mit Akne allgemein öfter zu genau diesem Lebensmittel greifen, oder ob nicht eher ein anderer Stoff für Akne verantwortlich ist, der zusammen mit dem verdächtigen Lebensmittel konsumiert wird. Bei der Interpretation von Studien ist also auch Vorsicht geboten. Wem oder was man glaubt, bleibt also mehr oder weniger jedem selbst und seinem gesunden Menschenverstand überlassen.

Es gibt Essen, das ist gut für den Körper - es versorgt einen mit tausend Vitaminen, Ballaststoffen und Energie - aber es gibt auch wiederum Essen, welches gut für den Geist ist - Eis, Schokolade, Kekse usw.. Solange man nicht in Extreme rutscht und wirklich ausgeglichen isst, sollte man sich keine Sorgen über seine Ernährung machen. Am besten ist es wirklich immer, auf seinen Körper zu hören und selbst zu schauen, was einem gut bekommt und was nicht, anstatt immer nur auf die Meinung anderer zu hören. Was für den einen funktioniert, mag für den anderen in einer Katastrophe enden. Jeder muss für sich selbst herausfinden, was gesund für ihn bedeutet.


Sport in Recovery

Sport ist ein ziemlich kontroverses Thema in Recovery. Zwar sollte regelmäßige körperliche Betätigung zu einem gesunden Lifestyle dazugehören, aber bei Essstörung stellt Sport definitiv eine Ausnahme dar. Ein typisches Symptom einer Essstörung ist exzessiver Sport bzw. Bewegungsdrang, um zusätzliche Kalorien zu verbrennen und dadurch das Gewicht unten zu halten. Selbst im tiefsten Untergewicht findet man komischerweise noch Kraft, um Sport zu machen, obwohl kaum Energie vorhanden ist. Das kann aber auch sehr gefährlich werden, in so einem schlechten körperlichen Zustand zusätzlich noch Sport zu treiben, da das Herz, das so schon unterversorgt wird, noch mehr belastet wird.

In Recovery sollte man meiner Meinung nach vorerst auf Sport verzichten, vor allem wenn man noch zunehmen muss. Zum einen deswegen, weil Sport natürlich einer Gewichtszunahme entgegenwirkt. Entweder bewirkt der Sport, dass man noch mehr abnimmt, oder dass man sich durch diesen überhaupt erst erlaubt, mehr zu essen - im Sinne von "Ich habe jetzt x Kalorien mehr gegessen, dafür muss ich y Kilometer mehr laufen, um die wieder abzutrainieren". Es hält einem weiterhin in diesem Mindset, dass man sporteln muss, um essen zu dürfen.

Dazu setzt der Sport, wie oben schon erwähnt, den Körper unter Stress. Selbst wenn man trotz des Sports genug isst und zunimmt, tut dem Körper die übermäßige Bewegung nicht gut, was z.B. an vermehrten Wassereinlagerungen zu erkennen ist. Übermäßige Bewegung kann u.a. auch eine der Gründe dafür sein, dass man seine Periode noch nicht wieder bekommt, obwohl man vielleicht sogar schon längere Zeit Normalgewicht hat. Manchmal wird sogar behauptet (ohne jemanden damit Angst machen zu wollen), dass man durch Sport in Recovery mehr Fett einlagert als wenn man keinen Sport machen würde. Wer dabei befürchtet, nur Fett statt Muskeln zuzunehmen, wenn er auf Sport verzichtet, den kann ich beruhigen: man kann in Recovery auch Muskeln zunehmen ohne zu trainieren ("Muscle Memory Effekt").

Der Hauptgrund, warum ich jedem in Recovery von Sport abraten würde, ist der psychische Aspekt bei der ganzen Sache. Sport kann zur Sucht werden und vor allem Essgestörte sind dafür sehr anfällig. Hat man einen Tag trainiert, will man es den nächsten Tag wieder. Am liebsten gleich ein paar Minuten länger als den Tag zuvor. Und das geht dann immer so weiter, bis sich alles nur noch ums Kalorien verbrennen dreht und man sich ohne den Sport kein Essen mehr erlauben kann. Man mag vielleicht ein "gesundes" Gewicht erreicht haben und nach außen hin gesund wirken - immerhin ist Sport ja gesund für den Körper und kann sich definitiv auch positiv auf die Psyche auswirken - aber dieser ganze Fitnesswahn dient nur dazu, die Essstörung aufrecht zu erhalten, eben halt nur auf eine andere Art und Weise.
Zusammengefasst würde ich jedem dazu raten, in Recovery erstmal eine Pause vom Sport zu nehmen. Sollten Ärzte und Therapeuten damit einverstanden sein, kann man, sobald man ein gesundes Gewicht für längere Zeit gehalten hat, Sport langsam wieder in sein Leben integrieren. Die Betonung liegt hierbei auf LANGSAM. Nichts überstürzen. Sowohl weil man seinen Körper, aber auch weil man die Psyche nicht überfordern will. Und vor allem sollte man auch bedenken, dass mehr Sport oder Bewegung heißt, dass man mehr Energie benötigt und daher auch mehr essen muss. Das wird übrigens auch dabei helfen, Muskeln aufzubauen ;) Behaltet euch im Kopf: "Balance is the key"!

Für mehr Infos zum Thema Sport in Recovery kann ich den tumblr Blog "Let's Recover" empfehlen

Essen ist Medizin

Ich weiß noch, wie ich mir am Anfang meiner Genesung so viele Gedanken darum gemacht habe, wieviel man essen sollte, um gesund zu werden. Tä...