Weihnachten mit einer Essstörung

Die Weihnachtszeit ist schon seit einiger Zeit im Gange und Heiligabend rückt immer näher. Kinder sind furchtbar aufgeregt wegen der Geschenke, Häuser sind weihnachtlich dekoriert, die Geschäfte sind immer voll mit Leuten und es dreht sich viel ums Essen. So sehr man sich auch eine besinnliche, harmonische Weihnachtszeit wünscht - ganz so friedlich wird es am Ende doch nicht. Vor allem nicht, wenn man mit einer Essstörung zu kämpfen hat.

Ich kann hier nur von mir reden und berichten, wie ich über diese Zeit denke. Doch ich bin mir sicher, dass sich viele Betroffene in meinen Worten wiederfinden werden. Denn für mich ist Weihnachten alles andere als harmonisch. Für mich bedeutet Weihnachten STRESS. Stress pur. Nicht nur, weil man für seine Liebsten Geschenke besorgen oder bestimmte Vorbereiteten für die Feier treffen muss, sondern auch weil Essen ein großes Thema spielt, genauso wie Familie.

Versteht mich nicht falsch, ich mag meine Familie sehr. Doch zu Weihnachten kann es schon mal vorkommen, dass man sich den ganzen Tag lang gegenseitig auf die Pelle rückt, dass der Stress einer einzelnen Person auf alle anderen überschwappt und es schließlich zu Streit kommt. Von Frieden keine Spur. Und dann noch das viele Essen. Zwar traue ich mich schon an so viel mehr Gerichte ran als noch zu meinen schlimmsten Phasen, doch trotzdem fällt es mir noch schwer, vor all den leckeren (und teilweise auch sehr reichhaltigen) Leckereien zu sitzen und mir diese nicht erlauben zu können - mit Betonung auf KÖNNEN. Denn galubt mir, gerne würde ich in so manch herrlich duftendes Gebäck beißen, doch aus Angst kann ich bestimmte Dinge einfach nicht genießen, so sehr ich auch ein Verlangen danach habe. Vielen geht es da genauso wie mir... Und gerade zu Weihnachten gibt es so viel an Essen, das überfordert einen dann schnell. Zu sehen, wie alle am Tisch zusammensitzen und eine große Mahlzeit verputzen, sich keine Gedanken um Gewicht, Kalorien oder Fett machen; das ist für mich oft zu viel. Denn ich kann es nicht. Noch nicht. Was einen auch irgendwie ausgeschlossen fühlen lässt: man ist die einzige am Tisch mit diesen Gedanken, die einzige, die das Mahl nicht so genießen kann wie die anderen es tun. Man fühlt sich allein, obwohl man ständig in Gesellschaft ist. Ein Widerspruch in sich.

Es ist alles andere als leicht, diese Zeit auszuhalten, wenn man krank ist. Statt sich wie andere über dieses besondere Fest zu freuen, wünscht man sich, dass es schnell vorbei geht. Genießen fällt schwer. Vielleicht sieht man auch gar nicht den Sinn in dem ganzen - wozu so tun, als wäre alles schön und in Ordnung, wo es doch so viele negative Dinge im Leben gibt? Wozu der ganze Aufwand, nur für diese paar Tage? Es scheint alles keinen Sinn zu ergeben.

Doch so muss es wirklich nicht sein. Weihnachten ist in der Tat ein wundervolles Fest, wenn man sich daran zurückerinnert, was der Sinn hinter dem ganzen ist. Ich erinnere mich an meine Kindheit zurück, wie sehr ich mich immer auf diesen Tag gefreut habe, von den Geschenken hin bis zu dem zusammensein mit der Familie. Ich konnte nicht verstehen, wie manche Leute diesen Tag hassen konnten oder total in Stress ausbrachen. Jetzt allerdings sieht es anders aus. Aber mein Wille, Weihnachten wieder zu genießen, ist unfassbar groß. Ich will mich nicht mehr ausschließen, sondern zusammen mit meinen Liebsten das Fest genießen, schöne Filme gucken, Spiele spielen, Essen zubereiten, und das alles ohne Panik, Angst oder Schuldgefühlen.

Um die Zeit etwas einfacher zu gestalten, kann ich euch den Tipp geben, wirklich gut zu planen (z.B. was es zu Essen geben wird). So greift man dann nicht spontan und aus der Not heraus zu negativen Verhaltensweisen. Meine Ernährungsberaterin hat mir den Tipp gegeben, etwas zu kochen, von dem alle mitessen würden (mich eingeschlossen natürlich). Somit fühlt man sich nicht ausgeschlossen vom gemeinsamen Essen. Und wenn es einem zu viel wird mit der Familie und dem Stress, dann sollte man sich mal eine Auszeit von dem ganzen Trubel nehmen. Vielleicht ins Schlafzimmer verkriechen, einen Spaziergang draußen an der frischen Luft machen oder ähnliches. Denn Dauerstress verträgt niemand.

Versaut euch bitte nicht diesen besonderen Tag. Er ist nur ein Mal im Jahr. Esst mehr, wenn ihr wollt. Denn dirch ein Mal mehr essen werdet ihr definitiv nicht schlagartig zunehmen! Der Körper arbeitet nämlich immer auf ein Gleichgewicht hin, das heißt er wird sich wieder in seinen Normalzustand einpendeln. Lacht viel, wenn euch danach ist. Und vor allem: seid dankbar dafür, dass ihr zusammen mit euren Liebsten diesen Tag feiern könnt. Das mag jetzt alles leichter gesagt als getan klingen, doch vertraut mir wenn ich sage, dass sich das lohnen wird.

Frohe Weihnachten! :)

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2 comments:

  1. Sehr schöner und hilfreicher Post. Für mich ist es, was das Essen betrifft, mittlerweile zum Glück recht einfach bzw. kann ich an so Feiertagen gut aus meiner Routine ausbrechen. Da war es gestern aber trotzdem ein bisschen angstvoll, als es spontan nochmal Raclette gab, als mein Onkel und meine Cousine da waren. Aber da trifft ja dein Tipp auch ein bisschen zu etwas zu machen, wo jeder von essen kann und so konnte man das raussuchen, was in dem Moment möglich war, ohne dass genau darauf geachtet wurde.
    Ich hoffe auf jeden Fall sehr, dass du die Weihnachtstage gut überstanden hast und ein paar schöne Momente daraus mitnehmen konntest. ♥

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    1. Wie schön, dass dir meine Worte helfen konnten! Super, dass du mit dem Essen besser zurechtkommst - klar mag es noch schwer sein, doch wenn man am gemeinsamen Essen teilnehmen kann ist das schon ein riesiger Fortschritt. Ich hoffe auch, dass du schöne Weihnachten hattest ♥️

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