"Where Focus Goes, Energy Flows"

Ich habe gefühlt ewig nichts mehr hier gepostet - das liegt daran, dass das "wirkliche" Leben endlich bei mir stattfand. In den letzten Wochen habe ich viel bewältigen und Fortschritte machen können: ich habe einen Minijob angefangen, mich weiterhin auf meine Yoga-Ausbildung konzentriert, bin mehr rausgegangen, habe mich mit Freunden getroffen, neues ausprobiert und auch an mir selbst gearbeitet. Mein Fokus verlagert sich allmählich weg von dem Thema "Recovery" und mehr zu dem, was ich WIRKLICH im Leben will. Und das ist großartig. Es ist nicht so, dass ich jetzt, wo ich nicht mehr 24/7 an Recovery denke, mich total gehen lasse. Nein, es ist eher sogar das Gegenteil der Fall: je mehr ich mich auf die Dinge fokussiere, die im Leben wirklich eine Rolle spielen, desto leiser wird die Stimme der Essstörung in meinem Kopf. Je weniger Aufmerksamkeit ich ihr schenke, desto mehr schrumpft sie.

Klar habe ich noch so meine "Problemchen" und bin nicht komplett geheilt von der Magersucht. Aber ich bin auf dem besten Weg seit Jahren. Weil ich immer mehr verstehe, worum es im Leben eigentlich geht. Weil ich immer mehr sehe, dass die Essstörung nur Lügen erzählt. Weil ich ich selbst sein möchte.

"What you focus on, grows" - das hört man ja ziemlich oft, vor allem wenn man sich mit Spiritualität beschäftigt. Und es könnte echt nicht wahrer sein: worauf man sich am meisten fokussiert, das wird auch zum Lebens-Mittelpunkt. So gesehen geben wir zum Beispiel der Essstörung nur noch mehr Kraft, wenn wir uns auf Themen wie Essen, Sport, backen, kochen usw. beschäftigen, auch wenn sie sich von "so wenig wie möglich" zu "so gesund und ausreichend wie es nur geht" hin bewegt. Denn selbst wenn wir uns auf Recovery konzentrieren, geben wir der Essstörung noch Aufmerksamkeit, denn wir befassen uns damit gleichzeitig mit der Bekämpfung der Essstörung.

Gefunden bei Pinterest
Natürlich ist es tausendmal besser, sich auf Recovery statt auf die Essstörung zu fokussieren - darin besteht kein Zweifel. Aber vielleicht wäre es ja besser, sich auf ein "normales" Leben zu konzentrieren? Das Essen Essen sein lassen. Ein wenig Sport als Teil eines gesunden Lifestyles anzusehen. Dinge tun, die gesunde und "normale" Menschen auch tun, wie sich mit Freunden treffen, Hobbys nachgehen usw.. Mir hat es extrem geholfen zu verstehen, dass meine "Obsession" rund um das Thema Essen und Ernährung zu einem Großteil durch die Essstörung verursacht worden ist. Früher spielten diese Themen nur eine kleine Rolle in meinem Leben: da war Essen für mich Energie, Genuss und auch ein Mittel, mich mit Familie und Freunden zu versammeln und gemeinsam eine schöne Zeit zu haben. In diesem Post hier bin ich bereits ausführlich darauf eingegangen, was ein Hungerzustand mit dem Menschen, mit seinem Körper und seiner Psyche, anstellt - wenn du also mehr darüber erfahren willst, lies dir den am besten nochmal durch. Ich bin auf jeden Fall der Überzeugung, dass Essen nicht den Lebensmittelpunkt einer Person darstellen sollte, außer natürlich diese Person ist beruflich auf diesem Gebiet unterwegs oder hat eine Leidenschaft dafür, die aber keine krankhaften Züge aufweist.

Nicht zuletzt isoliert man sich in gewisser Weise auch von der Welt, indem man sich nur in seiner eigenen "Recovery-Blase" aufhält und den Blick für die eigentliche Welt da draußen verliert. Durch die Krankheit habe ich lange Zeit ein Stück von mir selbst vergessen - der Anteil in mir, der Videospiele liebt, der gerne mal Scherze macht, sich der Welt zeigen möchte. Jetzt, wo ich meinen Fokus weg von Recovery und Krankheit lege, geht es mir einfach tausendmal besser und ich fühle mich mehr wie ich selbst. Und wie habe ich das gemacht, den Fokus auf etwas anderes zu richten? Indem ich mich aktiv von diesen essgestörten Themen wegbewegt habe. Habe ich mich dabei ertappt, wie ich im Buchladen stundenlang bei den Rezeptbüchern stand, hab ich mir "STOPP" gesagt und bin zu den Romanen oder gleich aus den Laden rausgegangen. Wollte ich eine Kochshow ansehen, hab ich mich für einen Anime, ein Teenie-Drama oder eine Komödie stattdessen entschieden. Also muss man erst einmal schauen, welche die Handlung ist, die von der Essstörung kommt und sich dann bewusst dagegen und für eine normalere, "gesündere" Handlung entscheiden. Anfangs fiel mir das extrem schwer, vor allem eben wenn man noch sehr am Anfang seiner Genesung ist, aber je öfter man es tut, desto einfacher wird es, so wie bei fast allem in Leben.


Jede Entscheidung zählt, so klein sie auch sein mögen. Sie werden sich aufaddieren. Ein Akt gegen die Krankheit pro Tag bedeutet 365 Schritte zur Gesundheit pro Jahr. Das wichtigste dabei: den Fokus nicht aus den Augen lassen. Sich immer wieder daran erinnern, was man möchte. Und danach handeln. Man kann nur gesund werden, indem man sich gesund verhält, gesund denkt.

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