Eine kleine Geschichte

Sonntag Nacht musste ich mich an eine Geschichte erinnern, die ich vor 2 oder 3 Jahren im Rahmen meiner Therapie schreiben sollte. Die Geschichte sollte wie ein Märchen gestaltet sein und eine Verbindung zu mir haben. Was ich damals schrieb, entsprach in etwa dem Text, den ich hier veröffentliche, bloß war sie damals etwas kürzer und nicht so ausgeschmückt mit Details. Meine Therapeutin ließ sie mich ihr vorlesen. Sie machte große Augen und lobte mich für mein geschriebenes. Zu hören, dass jemandem meine Texte gefallen, ist eines der schönsten Komplimente, die man mir machen kann. Ich habe es schon als kleines Kind geliebt, mir Geschichten auszudenken und meiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Meine Oma war von meinem Hobby begeistert und schenkte mir deshalb zu fast jeder Gelegenheit ein neues Buch zum Schreiben und mein Beuder war der festen Überzeugung, ich sollte später mal was mit Journalismus machen, wenn ich so gute Texte verfassen kann. In der Schule konnte ich meine Leidenschaft leider nie so ausleben, wie ich es gern gehabt hätte und ich verlor so langsam die Lust am schreiben. Doch meine Fantasie blieb in der Zeit nach wie vor erhalten. 

In der Therapie konnte die Therapeutin aus meinen Texten bestimmte Dinge über mich herauslesen. Irgendwie finde ich es erstaunlich, was sie da manchmal herausgefunden hat und wie viel Wahrheit in ihren Vermutungen steckte. Dabei stelle ich manchmal auch ganz unbewusst eine Verbindung zwischen mir und der Geschichte her, die ich mir ausdenke. So etwas zu machen bereitet mir richtig viel Freude und es hilft mir ungemein. Meine Gedanken und Gefühle über das schreiben auszudrücken fällt mir zehn mal leichter als wenn ich darüber reden müsste. Das schreiben ist für mich etwas ganz besonderes und ich bin froh, meine Leidenschaft dafür in den letzten 2 Jahren wieder gefunden habe.


Ich teile diese Geschichte mit euch, um euch einen kleinen Einblick in meine Welt und mein Unterbewusstsein zu gewähren. Vielleicht inspiriert sie ja auch euch, eine zu schreiben. Und ich würde mich sehr darüber freuen, eure Meinung dazu zu hören.



Es war einmal ein Mädchen, das in einen Schloss der Königin als Dienstmädchen diente. Sie schuftete von Tag zu Tag, tat, was ihr die Königin befahl und widersprach nie ihren Befehlen. Mehrere Jahre lang war sie in dem Schloss gefangen. Sie schrubbte die Böden, bis sie perfekt glänzten, putzte die Fenster, bis man sich in ihnen spiegeln konnte, kochte jeden Tag ein Festmahl, von dem sie nie etwas abbekam. Täglich wurde sie beschimpft und für Dinge beschuldigt, für die sie gar nicht verantwortlich war. Das Mädchen war gefangen, ihrer Freiheit beraubt. Sie konnte sich kaum an das letzte Mal erinnern, das sie glücklich und nach ihrem Willen folgend das tat, was ihr gut tut. Nie durfte sie sich ausruhen. Kein Wunder, dass sie langsam zugrunde ging, sich jede Nacht in den Schlaf weinte.


Eines Tages, sie beobachtete gerade die Vögel draußen, während sie die Fenster polierte, da schwelgte sie in Gedanken daran, wie schön es wäre, einfach zu fliegen. Frei zu sein. Sich leicht und unbeschwert zu fühlen. Es schien ihr unmöglich, jemals diesen Zustand der Freiheit zu erlangen, war sie doch in den Klauen der Königin gefangen. Doch da war diese Stimme in ihr. Dieses tiefe Verlangen nach Freiheit. Sie wusste, dass dieses Leben, das sie gerade führt, nicht für sie bestimmt ist. Das Mädchen spürte, dass es einen Ausweg aus ihrem Leiden gibt.

Sie fasste all ihren Mut zusammen und wagte mitten in der Nacht, während das gesamte Königshaus am schlafen war, einen Fuß vor die Tür zu setzen. Die frische Luft zu atmen tat ihr gut. Das frische Gras zu riechen erfüllte sie mit Freude. Und die nächtliche Kälte war tausend mal angenehmer als die Kälte in ihrem Schlafkeller. Doch etwas hinderte sie daran, sich weiter raus in die Welt zu wagen. Es war die Angst, dass sie es nicht schaffen würde, zu fliehen. So weit wegzufliegen wie es die Vögel taten, die sie so lange Zeit immer beobachtete. Man würde sie finden, wieder zurück ins Schloss bringen und ihr noch mehr Aufgaben als Bestrafung aufhalsen.

Aber irgendwann traute sie es sich dann doch: sie packte ihre Sachen und floh aus dem Schloss. Sie rannte und rannte, stolperte über Steine und Sträucher und rang nach ihrem Atem, bis sie schließlich ein kleines, beschauliche Dorf erreichte, wo man ihr wieder auf die Beine half, ihr eine Behausung anbot und ihr die Unterstützung und Liebe entgegenbrachte, um die sie so lange gebeten hat. Sie war glücklich. Glücklich darüber, dass sie sich getraut hat, aus dem Schloss zu fliehen, auch wenn die Angst unheimlich groß war. Glücklich darüber, dass sie auf diese innere Stimme gehört hat. Glücklich darüber, dass sie überlebt hat - denn noch länger dort zu bleiben hätte sie nicht überstanden. 

In dem Dorf, Ihrer neuen Heimat, fand sie Freiheit. Sie fand Freude. Und vor allem war sie von Liebe umgeben. Das Lächeln, dass sie nun täglich auf ihren Lippen trägt und damit jedem ihr Glück zum Ausdruck bringt, ist Zeichen ihrer Stärke, Zuversicht und ihren Mutes.

Es ist möglich. Alles ist möglich. Habe Vertrauen in dich selbst. Und ehe du dich versiehst, bist du den Fängen der Königin entkommen. Du kannst es schaffen.

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