Was ich aus meinem Urlaub gelernt habe...

Letzte Woche bin ich mit meinen Eltern in den Urlaub gefahren. Wir waren im Süden Deutschlands unterwegs, genauer gesagt in Bayern, und hatten eine echt schöne Zeit zusammen. Wie ich schon mal in einem Post geschrieben habe, sind Urlaube gar nicht so einfach für mich oder allgemein für Leute mit einer Essstörung - man wird aus seiner Routine rausgerissen und verlässt damit seine Komfortzone, vor allem was das Essen anbelangt. Aber dieses Mal kann ich stolz behaupten, dass der Urlaub um einiges besser lief als der letzte. Ich konnte schöne Erinnerungen sammeln, habe ein paar Mal auswärts gegessen und habe viel gelacht. Es war der schönste Urlaub seit langem mal wieder :)

On top of the world
In diesem Post möchte ich nicht so sehr auf den Urlaub an sich eingehen, sondern eher darauf, was ich alles gelernt und in Erfahrung gebracht habe - also, aus Sicht einer essgestörten Person, um anderen etwas Angst abzunehmen und Tipps mit auf den Weg zu geben. Fangen wir doch mal an...

  • Die Angst davor ist immer schlimmer als die während oder nach einer bestimmten Aktion. Das gilt nicht nur in Bezug auf Reisen, sondern auch allgemein für viele Lebensbereiche. Vor unserem Trip hatte ich große Panik, so weit weg von zu Hause zu sein und meine Komfortzone zu verlassen. Doch der Aufenthalt an sich war dann gar nicht so schlimm. Ganz im Gegenteil sogar: ich konnte die Zeit im Urlaub echt genießen. Auch beim auswärts essen konnte ich das feststellen: erst habe ich stundenlang hin und her überlegt, was ich denn nehmen sollte, hatte Angst vor den Portionsgrößen usw.. Aber als es das Essen dann serviert wurde und ich fertig mit essen war, war die Angst um einiges geschrumpft. Ein paar Schuldgefühle mögen vielleicht noch da gewesen sein, doch die waren nicht zu vergleichen mit der Panik, die ich davor hatte. Ich denke mir dann immer "Jetzt ist es geschafft, ich kann es nicht mehr ändern, also sollte ich mich deswegen nicht mehr so verrückt machen". Und gelohnt hat es sich allemal, sich meinen Ängsten zu stellen!
  • Schöne Momente zu sammeln ist das wichtigste. In diesem Urlaub lag der Fokus bei mir mal nicht auf dem Essen, was wirklich so gut getan hat. Normalerweise dreht sich gefühlt mein ganzer Tag nur um das Essen - wann nehme ich die nächste Mahlzeit ein, was wird es geben und wieviel. Doch diesmal habe ich mich auf die Erlebnisse konzentriert; darauf, neues zu sehen, neues zu erleben und eine schöne Zeit mit meinen Eltern zu verbringen. Das war nicht unbedingt immer einfach, doch was mir geholfen hat, war immer beschäftigt zu sein, halt etwas zu unternehmen. Zu Hause sitzt man meist nur rum und hat nicht viel zu tun - da machen sich schnell negative Gedanken breit. Aber wenn man immer etwas zu tun hat und unterhalten wird, ist es viel leichter, den Fokus auf das wesentliche zu richten. Klar sollte man trotzdem darauf achten, genug zu essen, aber es sollte nicht den Lebensmittelpunkt darstellen.
  • Um viel zu erleben, braucht man viel Energie. Wenn man den ganzen Tag lang unterwegs ist, braucht man eine Menge Energie und damit auch Nahrung. Oft war ich schon nach kurzer Zeit erschöpft von unseren Trips durch die Stadt, weil ich nicht genug vorher gegessen habe (ich esse tendenziell mehr abends, da früh auch meist nur wenig Zeit für ein großes Frühstück etc. bleibt). Die Laune sinkt, man hat kaum Kraft zum laufen, Kopfschmerzen machen sich breit und man will sich einfach nur noch ausruhen. Erst als ich wieder etwas gegessen hatte, war ich gestärkt und hatte Energie für den Rest des Tages. Deswegen ist es ganz praktisch, immer Snacks dabei zu haben, bzw. schon ein großes Frühstück zu essen. Mehr Essen = mehr Energie = mehr erleben = mehr Spaß und Freude. Es kann sogar sein, dass man mehr Essen als sonst braucht, da man sich eben mehr bewegt. Wenn euch das der Körper signalisiert, dann gebt ihm auch bitte mehr zu essen! Auch ist es wichtig, viel zu trinken. Wenn man ständig unterwegs ist, vergisst man das leicht. Ich hatte immer eine Wasserflasche in meinem Rucksack, was eine sehr kluge Entscheidung war. Wasser gibt einem auch in gewisser Weise Energie!
  • Planung ist die halbe Miete. Vor allem was das Essen anbelangt. Ich hatte mir reichlich Snacks mit in den Urlaub mitgenommen, da ich wusste, dass es mit dem essen kompliziert werden würde. Nach Restaurants habe ich auch im Internet geschaut, damit ich mir einigermaßen einen Plan davon machen konnte, was es dort zu essen gibt. Da aber nicht alles nach Plan läuft, habe ich mir noch Obst, Sojajoghurt und Porridge mitgenommen, was sich noch relativ einfach auf dem Hotelzimmer zubereiten lässt - im Fall der Fälle. Am besten wäre es natürlich, wenn man sich ganz auf die Küche im Urlaubsort einlassen könnte, ohne dass man Tonnen von Nahrungsmitteln mitnehmen muss. Dafür war ich allerdings noch nicht ganz bereit, aber wie gesagt, es lief schon um einiges besser als die Urlaube zuvor. Am besten wäre es, wenn man sich vor der Abreise einen Plan davon macht, was man isst, um zu verhindern, dass man zu wenig zu sich nimmt. Nur weil man im Urlaub ist, heißt das nicht, dass man sich nicht um seine Gesundheit kümmern soll. Gesundheit hat oberste Priorität, wie ihr wisst.
  • Mit Therapeuten, Familie oder Reisebegleitern über den bevorstehenden Urlaub reden. So ein Urlaub ist nicht immer einfach. Vorher mit jemandem darüber zu reden, was einen erwartet oder eben auch Pläne zu machen, kann sehr hilfreich sein. Meine Therapeutin zum Beispiel konnte mir etwas Angst vor dem auswärts essen nehmen. Mit meinen Eltern konnte ich den Urlaub etwas vorplanen, was wir machen wollen und wie wir das mit dem essen regeln. Es hat mir einiges an Angst nehmen können und natürlich ist es auch wichtig, dass die Personen, mit denen ihr wegfahrt, von euren Bedenken und Sorgen wissen. So könne sie euch helfen und im Notfall unter die Arme greifen.
Ich hoffe, die paar Tipps konnten euch helfen. Lasst euch nicht euren Urlaub von der Essstörung oder Ängsten versauen, das ist es nicht wert. Glaubt mir wenn ich sage, dass ihr eine so schöne Zeit haben könntet, wenn ihr mal etwas "loslasst" und die Zeit genießt! Nehmt es als Herausforderung. Es kann euch nichts passieren.

Und noch ein paar wenige Bilder zum Schluss:
Der Besuch im Disney Store war ein unglaubliches Erlebnis :D
Mit dem Wetter hatten wir echt Glück - es war durchgängig sonnig
Siggi hatte die frische Luft in den Bergen sehr genossen ;)

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