Warum es dir egal sein kann, wieviel andere essen

Es kommt nicht grade selten vor, dass ich auf Instagram gefragt werde, wie viele Kalorien ich zu mir nehme. Zum einen kann ich verstehen, warum es die Leute interessiert, aber auf der anderen Seite geht mir diese Frage richtig auf die Nerven. Deswegen möchte ich mich mal kurz darüber in diesem Post auslassen in der Hoffnung, dem ein oder anderen etwas wachzurütteln.

Vor gar nicht allzu langer Zeit war ich selbst komplett besessen davon, zu wissen, wieviel andere Leute zu sich nehmen. Rückblickend kann ich das gar nicht mehr verstehen und sehe nun ein, wie essgestört es ist, sich mit solchen Dingen zu befassen. Denn was bringt es einem selbst, zu wissen, wieviel eine andere Person an Kalorien zu sich nimmt? Ändert es dein Leben, wenn du weißt, dass X 2500 kcal am Tag isst? Wirst du glücklicher, wenn du herausfindest, wieviel jemand anderes isst? Nein! Es ist nicht gesund, sich so sehr darauf zu fokussieren, und nimmt nur viele zu viel wertvolle Zeit in Anspruch.

Stundenlang habe ich im Internet geguckt, wieviele Kalorien andere essen, was viel Verwirrung bei mir ausgelöst hat - ganz unterbewusst habe ich mich mit Personen, die ich nicht einmal persönlich kenne, verglichen. Man lässt sich viel zu leicht von anderen beeinflussen, ohne es zu merken. Aber da meist auch immer in eine eher negative statt positive Richtung. Es ist Zeitverschwendung, da die teils stundenlangen Recherchen zu nichts führen. Man fühlt sich dadurch nicht motivierter, mehr zu essen oder seine Ernährung in irgendeiner Weise umzustellen. Man bekommt dadurch keine Klarheit darüber, was eine angemessene Menge an Essen ist. Jeder muss für sich selbst herausfinden, was und wieviel gut für ihn ist. Die Antwort darauf findet man nicht im Internet; man erhält sie entweder durch ausprobieren, indem man in sich hinein hört oder indem man die Hilfe eines Arztes oder eines Ernährungsberaters in Anspruch nimmt.

Zudem ist jeder anders. Ein Bodybuilder wird mehr Energie benötigen als ein Büroarbeiter, eine erwachsene Frau mehr als ein kleines Kind. Genauso sollte man sich selbst auch nicht mit einer Person vergleichen, die dem Anschein nach denselben Lebensstil hat wie man selbst. Denn auch wenn man nach außen hin wahrscheinlich dasselbe Aktivitätslevel hat, weiß man nie, wieviel der Körper in Wahrheit durch weitere Prozesse, die im Körper stattfinden, verbrennt. Zum Beispiel gibt es verschiedene Krankheiten, die zu einem erhöhten Energiebedarf führen. Dieser wird auch bei Menschen höher sein, die eine große Menge an Muskeln besitzen. Jeder ist anders und es wäre verkehrt zu denken, dass jeder Mensch genau 2000 kcal am Tag zum leben braucht, wie es die meisten annehmen. Der wahre Energieverbrauch eines einzelnen Menschen ist wohl kaum durch simple Rechnungen ermittelbar. Darüber hinaus wird er auch von Tag zu Tag schwanken, da man jeden Tag etwas anders macht, auf andere Weise aktiv ist und ähnliches. Es macht keinen Sinn, sich an anderen zu orientieren. Nur weil sich jemand mit X Kalorien am Tag super energiegeladen und gesund fühlt, heißt das noch lange nicht, dass du dich auch so fühlen wirst mit dieser Energiemenge.

Worin liegt der Sinn, jemandem nach seiner täglich aufgenommenen Menge an Kalorien zu fragen? Was gibt es dir? Ich gebe zu, es kann interessant sein zu sehen und zu hören, was andere zu sich nehmen. Es kann einem zeigen, dass das, was als "normal" in der Gesellschaft angepriesen wird (ich spreche von der allgemeinen Annahme, dass 2000 kcal dem Tagesbedarf eines Menschen entsprechen), vielleicht gar nicht so normal ist; dass es Menschen gibt, die weitaus mehr zu sich nehmen als die Norm und völlig gesund und glücklich damit sind. Aber man muss das Thema nicht bis ins unendliche ausreizen. Irgendwann erkennt man, dass jeder Mensch einen anderen Tagesbedarf hat. Und dann sollte man sich damit zufrieden geben. Alles weitere wäre sinnlos, eine Zeitverschwendung, und würde im Fall einer essgestörten Person die Krankheit nur noch mehr "füttern".
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Und außerdem sind wir mehr als nur Zahlen. Es nervt, wenn sich die Leute nur dafür interessieren, was man isst. Es nervt, wenn man nach seinem Gewicht, seinen Noten oder seinem Gehalt gefragt wird, statt danach, wie es einem geht. Zahlen spielen keine Rolle, außer man gibt ihnen eine. Sie können keine Auskunft darüber geben, was für ein toller Freund man ist, wieviel Liebe in einem steckt, über wieviel Wissen man verfügt. Und im diesen Fall sagt die täglich aufgenommene Kalorienmenge nichts darüber aus, wie sehr man sich in seine Genesung reinhängt. Es ist doch egal, mit wieviel Kalorien jemand versucht, gesund zu werden - solange man vorankommt und ehrlich zu sich selbst ist, ist man doch auf einem guten Weg, oder etwa nicht?

Mein Wert, meine Stärke, mein Mut - all das kann nicht mit einer simplen Zahl ausgedrückt werden. Jeder sollte sich auf sich selbst und seine eigenen Ziele fokussieren. Ich habe nichts zu verheimlichen und die Frage, wieviele Kalorien ich am Tag esse, werde ich wahrscheinlich nie beantworten, solange es nicht dazu führt, dass es die Welt zu einem besseren Ort macht.

Gerne würde ich auch eure Meinung zu dem Thema hören - manchmal habe ich das Gefühl, dass ich die einzige bin, die so über dieses Thema denkt. Aber es gibt bestimmt andere da draußen, die in etwa dieselben Erfahrungen gemacht haben und sich eine Meinung darüber gebildet haben.

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